Mann-Sein, was bedeutet das eigentlich für uns?
Diese Frage beschäftigt unsere Männergruppe seit 9 Jahren.
Die Initialzündung wurde 1996 in Kärnten nach einem einwöchigen Männerseminar "Adam, wo bist du!?" gesetzt, an dem ca. 160 Männer teilnahmen. Wir erhofften uns vom amerikanischen Franziskanerpater Richard Rohr eine kompetente Antwort auf diese und viele andere Fragen zu finden.
Werner war gleich sehr begeistert. Nach dieser Woche fasste er wieder neuen Lebensmut. Der Verlust seines Arbeitsplatzes, die unfreiwillige vorzeitige Abschiebung in den Ruhestand hatte ihn schwer getroffen. »Was bin ich für meine Frau dann noch eigentlich wert?«, fragte er sich damals. In den regelmäßigen Treffen der Männergruppe fand er wieder das nötige Selbstvertrauen, als Mann sich selbst einen Wert zu geben und sich nicht abhängig zu machen, von den Erwartungen der anderen. Mittlerweile ist er verwittwet und beginnt ganz neue Seiten seines "Singeldaseins" zu
entdecken.
Auch Andreas wollte sich mehr mit seiner Männlichkeit auseinandersetzen. Die Diagnose, dass er keine Kinder zeugen könne, hatte ihm zugesetzt und in die Männergruppe gebracht. Die Addoption eines Sohnes brachte von heute auf morgen viele Themen in Bewegung, die er in der Vertrautheit der Gruppe besprechen konnte.
Manfred, ehemaliger Theologe und nunmehriger Sportlehrer, trieb die pure Neugierde in diese Männerwoche. Mit der Kirche konnte er eigentlich nichts mehr anfangen und fand kaum Anknüpfungspunkte mehr. In der Männergruppe fand er eine kleine "Gemeinde", die viel näher an das herankam, was er als "Kirche" versteht.
Franz hatte sich schon seit langer Zeit mit Männerthemen beschäftigt und war nun endlich froh, seine intelektuelle Beschäftigung mit Männergruppen "Fleisch werden" zu lassen.
Dazu kam etwas später auch Johannes, Journalist und Therapeut. Johannes hat sich von seiner Frau getrennt, teilt sich mit ihr aber die Betreuung der gemeinsamen Tochter. Die Begleitung der Männer aus der Gruppe in dieser äußerst belasteten Zeit war für ihn ein Anker, auf den er immer wieder
zurückgreifen konnte.
Georg, Sozialarbeiter und Therapeut, war ebenfalls bei der Männerwoche, stieß aber erst vor einigen Jahren zu dieser Gruppe, die er als eine Art »Lebensbegleitung« versteht. Für ihn, der sich in frauendominierten Berfufsfeldern bewegt, besteht ein gravierender Unterschied darin, mit anderen Männern ohne die üblichen Männermasken über Lebensthemen auszutauschen, die auch das eigene Scheitern und Versagen nicht ausgrenzen. Für Georg ist das Gruppenleben »ein liebendes Wahrnehmen unter Männern«, das vom Hinhören, Hinterfragen, vom Dialog und nicht von endlosen
Diskussionsschleifen geprägt ist. »Das geschlechtliche Hinschauen von Männern auf ein Thema ist anders als bei Frauen.« Er kann fast alles mit seiner Frau besprechen, aber in der Auseinandersetzung mit Männern ergibt sich dann eine andere Perspektive.
Bei unseren monatlichen Treffen tauschen wir Erfahrungen aus und »stärken einander den Rücken«.
Den meisten von uns gelang es mit der Zeit, unsere überausgeprägte antrainierte Harmoniebedürftigkeit einzuschränken und den anderen in der Gruppe gegenüber auch unseren Ärger und unsere Wut zuzutrauen. Da hats auch schon ordentlich gekracht.
Die Treffen finden immer bei einem anderen Gruppenmitglied statt, der sich auch für die kulinarische Versorgung zuständig fühlt. Zuerst wird gegessen, dann beginnen wir einander zu erzählen, wie es uns so ergangen ist. Daraus ergibt sich immer ein anregendes, meist mehrere Stunden dauerndes Gespräch. Oft steht auch ein bestimmtes, vorher vereinbartes Thema auf dem Programm. So setzen wir uns mit unserer Vater- und Mutterbeziehung auseinander, mit Verletzungen, die uns sowohl Männer als auch Frauen zugefügt haben, erörtern Aggressivität und Konkurrenzdenken, haben auch kein Problem, uns in offener Weise mit unseren Zugängen zur Sexualität zu beschäftigen.
Die regelmäßigen Treffen haben hohe Priorität und sind für uns zu Fixpunkten in unserem Alltagsleben geworden.
Dem Begriff der »Neuen Männer« wollen wir dadurch aber entsprechen, da wir uns nicht mit dem von den Medien aufgebauten Klischee vom sanften, partnerschaftlichen, kuschelweichen Mann abfinden wollen. Wir suchen Authentizität,unsere ganz persönliche Ausdrucksform von Männlichkeit. »Wir leben dadurch bewusster, aber noch lange nicht anders als andere Männer«, gesteht Manfred.