Laufend wachsender Blog-Bereich von
Dr. Udo Baer zum Thema MÄNNER-WÜRDE
Ausgehend von einem mannsein.at-Seminar entstand das gleichnamige Buch "MÄNNER-WÜRDE" von Dr. Udo Baer. Hier an dieser Stelle wächst nun ein Blog-Bereich, der auch zu einer Interaktion einlädt. Gerne kannst du deine Geschichte mit einer Frage zu diesem Thema senden, auf die Udo Baer nach Möglichkeit dann auch eingehen wird und in Folge hier auch aufscheinen kann - natürlich vollkommen anonym.
Anfragen bitte senden an: maennerwuerde@mannsein.at
Weihnachtszeit – Krisenzeit: das große „MÜSSEN“ - 07.12.2021
Für viele Männer ist die Weihnachtszeit eine Zeit der Krisen. Sie erzählen, dass sie vieles machen, was sie eigentlich gar nicht wollen. Sie „müssen“ Verwandte besuchen oder einladen, mit denen sie eigentlich gar nicht zusammen sein wollen. Sie „müssen“ auf Weihnachtsfeiern gute Laune verbreiten, obwohl sie sich langweilen. Sie „müssen“ Geschenke für Menschen kaufen, die sie gar nicht mögen. Und so weiter. Das gilt nicht für alle Männer, aber für viele.
Wenn Männer in Familien leben, kommt oft der Druck dazu, dass es Weihnachten „besonders schön“ sein soll, besonders friedlich. Die Erwartungen sind hoch, alle Konflikte werden unter den Teppich gekehrt, sie bestimmen jedoch die Atmosphäre. Und wer allein lebt, spürt oft die Einsamkeit. In den Pandemiezeiten noch verstärkt.
„Ich hoffe, es ist bald Neujahr“, seufzte ein Mann. Und er ist nicht der einzige. Nicht umsonst war die Zeit nach Weihnachten meist die Zeit, in der bei mir es die meisten Neu-Anfragen nach Therapie gab. Ich kann das Problem nicht lösen, aber ich will einige Tipps geben, wie Sie es sich leichter machen können:
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Senken Sie die Erwartungen. Nur weil überall Weihnachtslieder tönen, wird ein Wochenende nicht schöner.
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Wenn Sie gerne schenken, dann tun Sie das. Wählen Sie aus, wen Sie womit beschenken. Vereinbaren Sie mit denen, bei denen der Geschenke-Austausch ein leeres Ritual geworden ist, dass Sie sich ab sofort nichts mehr gegenseitig schenken außer einen Anruf und ein Lächeln.
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Wählen Sie aus, mit wem Sie an den Feiertagen zusammen sein wollen und mit wem nicht. Vielleicht müssen Sie Kompromisse machen, aber äußern Sie Ihre Meinung. Wenn Ihre Partnerin oder Ihr Partner jemanden besuchen möchte, den Sie nicht so doll mögen, dann können Sie eine Zeitbegrenzung vereinbaren.
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Wenn Sie Kinder haben, überlegen Sie vorher, was Sie mit den Kindern gern unternehmen oder spielen.
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Schenken Sie sich selbst etwas.
Von einem, der auszog, das Trösten zu lernen - 29.8.2021
„Das ist komisch“, erzählt ein 35jähriger Vater, „wenn meine Tochter sich gestoßen oder sich anders wehgetan hat und zu mir kommt, damit ich sie tröste, weiß ich nicht, was ich tun soll. Ich bin da ganz unbeholfen. Ich nehm sie dann irgendwie in den Arm. Ich weiß ja, dass man das so macht. Eigentlich schäm ich mich.“
Ich frage ihn, wie er denn als Kind getröstet wurde. Es überlegt lange und sagt dann:
„Eigentlich gar nicht. Das gab es nicht.“ Statt dessen hörte er: „Was hast du denn
nun wieder angestellt. Schäm dich!“ Und er schämte sich.
Manche Männer sind unbeholfen, andere zu trösten, Kinder, Frauen, Männer. Sie
flüchten sich dann manchmal in die Suche nach Gründen, warum etwas passiert ist, oder überschütten die Trostsuchenden mit ungebetenen Ratschlägen. Der
Hintergrund liegt oft darin, dass sie selbst nicht oder viel zu wenig getröstet worden sind. Manchmal konnten es die Eltern nicht, weil sie als Kriegskinder oder
Kriegsenkel auch trostlos aufgewachsen waren. Manchmal gab es andere Gründe. In jedem Fall haben diese Männer den Segen des Trostes selbst nicht erfahren und
sind dann unfähig oder unbeholfen, andere zu trösten.
Dann gilt es, das Trösten zu lernen. Einige schauen es sich in Filmen ab, viele bei
anderen Menschen. Man kann auch Kinder fragen, was sie jetzt wollen. Dem
nachzugehen, was wir Männer als Kinder an Trost gebraucht hätten, ist fast immer
wertvoll. Auch wenn dabei zunächst traurige Erinnerungen lebendig werden können,vlohnt es sich. Dann dadurch öffnet sich die Tür zu dem Bewusstsein, dass wir alsvJungs auch Trost gebraucht hätten und als Männer immer noch manchmal brauchen.
Die Frage lautet dann: „Welchen Trost hätte ich gebraucht?“ Und darauf fällt, so
meine Erfahrung, allen Männern eine Antwort ein.
Nur ein Seitensprung? - 13.8.2021
Ein Mann schrieb mir: „Mit einer Frau habe ich eine schöne Nacht verbracht, mehr war nicht. Jetzt soll ich mich um das Kind kümmern, das unterwegs ist. Will ich aber nicht. Das war doch nur ein Seitensprung, sonst nichts.“
Meine Antwort hat ihm nicht gefallen, ist aber eindeutig: Doch, er muss sich kümmern. Natürlich kann er überprüfen lassen, ob er wirklich der Vater ist. Wenn die Analyse das bestätigt oder wenn er der Frau glaubt, dann wird er Vater. Ob er das wollte oder nicht, ist egal. Die Verantwortung für ein Kind beginnt mit der Zeugung. Deswegen müssen wir, wenn wir ein Kind mitgezeugt haben, Verantwortung übernehmen. Das brauchen die Kinder, das verlangt die Kinderwürde. Wir Männer können unsere Würde nicht zu Lasten der Kinderwürde verteidigen.
UND wir sollten auch die Möglichkeit erhalten, unserer Verantwortung nachzukommen. Das ist nicht immer der Fall, da kenne ich zahlreiche Geschichten, in denen Männern dies verwehrt wurde. Verantwortung zu übernehmen und die Möglichkeit dazu zu erhalten, das sind zwei Seiten der gleichen Medaille.
Auch für Frauen, die ihre Männer lieben
Zwei Frauen schreiben - 24.5.2021:
„Es ist ein Buch nicht nur für Männer, sondern auch für Frauen, die zusammen mit ihren Männern „heilen“ wollen. Ich mag es jedem Mann UND jeder Frau ans Herz legen,
die ein echtes Interesse an würdigenden Begegnungen mit sich selbst und miteinander haben. Udo Baer gibt anhand praktischer Beispiele fachlich-fundierte Einblicke in berührende Geschichten von verletzter und wiedergewonnener Männerwürde. Die im 7. Kapitel beschriebenen kreativen Methoden ermutigen, den „Weg der Würde“ tat-kräftig zu beschreiten.
SEHR lesenswert, lebenspraktisch und liebenswürdig!!!“ (KB)
"Das Buch "Männerwürde" von Dr. Udo Baer hat mich in seiner Vielfalt und Detailiertheit sehr beeindruckt. Als Therapeutin bietet es mir durch seine Praxisnähe und gute Anwendbarkeit wertvolle Hilfestellung bei der Arbeit mit meinen männlichen Klienten. Die gut handhabbaren Anleitungen helfen, sich selbst besser zu verstehen und Möglichkeiten der Veränderung zu erkennen. Ein Buch für TherapeutInnen, Männer und liebende Frauen." (MM)
Ein Mann schreibt an Udo Baer: - 17.5.2021
„Ich bin Leiter einer kleinen Firma. Ich habe mit jetzt über ein Jahr lang den Allerwertesten aufgerissen, damit wir die Pandemie als Firma überleben und niemanden entlassen müssen. Habe Home-Office organisiert, soweit wie möglich, fast alles auf Online-Kommunikation umgestellt und geackert, um Aufträge hereinzuholen. Aber niemand sagt mal ,Danke‘. Das ist alles selbstverständlich. Ist das normal? Muss ich damit als Chef leben?“
Zuerst einmal gratuliere ich, dass Sie es geschafft haben, die Firma und die Beschäftigten durch die Corona-Zeiten zu bringen. Dass es dafür keinen Dank gibt, ist leider verbreitet, aber nicht „normal“, nicht angemessen. Ihnen geht es wie vielen Männern: Sie ackern und ackern, aber es ist nie genug und sie bekommen keine oder kaum Anerkennung. Doch auch Sie haben ein Recht, in Ihren Leistungen und Bemühungen gesehen und gewürdigt zu werden. Fordern Sie es ein, sagen Sie, dass das nicht selbstverständlich ist, zeigen Sie, dass Sie traurig, ärgerlich, enttäuscht sind über die fehlenden Rückmeldungen. Zeigen Sie sich.
Oft haben wir Männer Hemmungen, das gleich in einem größeren Kreis zu offenbaren. Leichter ist es, sich ein oder zwei Menschen einzeln vorzunehmen und denen etwas von Ihrer Enttäuschung zu erzählen. Das wird herumgehen. Probieren Sie es aus.
Ein Mann schreibt an Udo Baer: - 29.4.2021
„Ich werde in zwei Monaten heiraten. Aber ich bin unsicher. Ich liebe meine Freundin. Doch ich habe das Gefühl, dass ich eher geheiratet werde, als selbst zu heiraten. Die Initiative ging von ihr aus und sie plant alles und ich bin nur dabei. Ich werde immer unsicherer.“
Antwort Udo Baer: In Liebesdingen maße ich mir nicht an, Rat zu geben. Da muss Ihr Herz entscheiden. Doch manchmal sendet das Herz widersprüchliche Signale wie bei Ihnen: Einerseits lieben Sie und andererseits fühlen Sie sich offenbar bedrängt und verplant. Ich möchte Sie ermutigen, beide Aspekte ernst zu nehmen und anzusprechen. Versuchen Sie, das vor der Hochzeit zu klären. Mit einem unguten Gefühl zu heiraten mach keinen Spaß und kann sich später rächen. Nur Mut!
Ein Lob dem „komischen Gefühls“ - 22.4.2021
Ein Mann fragte mich: „Ich erkenne manchmal nicht, dass ich würdelos behandelt worden bin. Oft habe ich erst nachher so ein komisches Gefühl. Was kann sich tun?“
Meine Antwort lautet: Nehmen Sie Ihr „komisches Gefühl“ ernst. Auch ich spüre manchmal erst im nachhinein, dass ich ohne Respekt und ohne Würdigung behandelt worden bin. Dieser Nachklang ist oft diffus, nicht genau greifbar und benennbar. Das ist bei Ihnen wie bei mir und allen anderen normal. Es ist wichtig, dieses seltsame Gefühl, diesen Nachgeschmack ernst zu nehmen und ihm nachzuschmecken.
Wenn wir das tun, merken wir oft, dass wir uns übergangen, verletzt oder anders entwürdigt fühlen. Wir haben dann die Wahl: Wir können es direkt ansprechen, wir können es ignorieren oder wir können zu einem späteren Zeitpunkt darüber reden oder Konsequenzen ziehen. Wenn wie den Nachklang, das „komische Gefühl“ übergehen, haben wir diese Wahl nicht. Deswegen: ein Lob dem „komischen Gefühl“!
Das Würde-Ich - 19. April 2021
Das Würde-Ich finden Sie in keinem Röntgenbild und in keinem Anatomie-Atlas. Und doch ist es ein Organ, über das jeder Mensch verfügt. Es ist der Ort, von dem aus Menschen spüren, ob sie gewürdigt werden oder nicht. Manchmal macht sich das Würde-Ich nur schwach bemerkbar oder es ist vom Geröll der Entwürdigungen überschüttet. Dann müssen wir es befreien und wieder stärken. Das geht.
Das Würde-Ich braucht Training: Wenn wir uns jeden Tag einmal fragen, ob wir gewürdigt wurden oder entwürdigt werden, werden uns manchmal überraschende Einsichten gelingen. Vor allem aber werden wir unser Würde-Ich kräftigen.
Meine Erfahrung ist: Wer sein eigenes Würde-Ich stärkt, kann auch besser andere Menschen würdigen, deren Würde-Ich respektieren.
Dr. Udo Baer
MÄNNER-WÜRDE
Herder-Verlag
Erschienen: März 2021
Einführungstext zum Buch:
Wer bin ich eigentlich? Und wenn ja, warum weiß ich es nicht? Im Hamsterrad der Erwartungen rennen viele Männer vermeintlichen Idealen hinterher: der perfekte Sohn, der ideale Ehemann, der beste Vater aller Zeiten, der leistungsfähigste Mitarbeiter überhaupt und sportlich nicht zu toppen. Dahinter verbirgt sich eine unablässige Suche nach Identität, nach Wertschätzung und Würde. Würde ist nicht gegeben, sie entsteht, wenn Menschen andere würdigen und wenn sie von anderen gewürdigt werden. Anhand von vielen Beispielen zeigt Udo Baer, welchen Verletzungen und Traumatisierungen Männer in unserer Gesellschaft ausgesetzt sind. Und er bietet Hinweise, wie Männer den Weg zu einem würdevollen Leben finden.